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Allgäu-Adria Teil 1: Vom Unterallgäu ins Zillertal

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Freitag, 10.August: Vom Unterallgäu nach Österreich ins Lechtal

Feuchter, dichter Dunst am Morgen über Memmingen. Ideales Radlerwetter. „Kamasutra“, meine zweirädrige Begleiterin seit vielen Jahren, ist vollbepackt, 5 Ortlieb-Taschen, die Lenkertasche, die Fototasche, alles vollgepfropft, mehr geht wirklich nicht mehr rein. Trotzdem erstaunlich, was man alles auf ein Fahrrad packen kann. „Hosch alles, Bua?“ fragt micht meine Mutter nochmal besorgt. Doch, ich denk schon. Circa 3 Wochen- hab ich für die Fahrradtour vom Allgäu nach Kroatien, von Memmingen bis zur Insel Cres veranschlagt, da braucht man halt ein Haufen Zeugs. Ich verabschied mich von meinen Eltern, „Pfiads eich!“, und steig um halb 9 in die Pedale. Die ansonsten recht wendige Kiste fährt sich, beladen wie sie ist, wie ein Fugzeugträger. Ich frag mich, wie ich das über die Berge schaff, aber es hat ja schließlich oft genug geklappt.

Riedkapelle Benninger Ried, Benningen, Unterallgäu 2013

Im Dunst des feuchten Sommermorgens: die Riedkapelle von Benningen

Kurzer Stopp 10 km später in Benningen bei meinem Radler-Spezl Winnie, der auch schon 3 Alpenüberquerungen mit mir erdulden mußte, um auch seinen Segen einzuholen – und dann beginnt der Regen. Den ganzen Tag lang. Mal nieselig, mal ergiebig, aber immer präsent. Die Regenklamotten kann ich kein einziges Mal ablegen, die Kapuze bleibt übegerzogen. Als ich bei Ollarzried einen weiten Blick in den Westen werfe, stirbt auch jegliche Hoffnung auf ein Wolkenloch. Tief hängende Grauschleier rollen heran, die Rotoren der Windräder hier oben stecken in denselbigen, nur der Mast guckt unten raus. Aber gut, aussitzen is nich, da hilft nur weiterradeln. Wenigstens bleiben die Temperaturen gnädig mild.

Vom Unterallgäu ins Ostallgäu, über Buckelwiesen mit ein paar Auf und Abs, vorbei an kleinen Dörfern, vereinzelten Bauernhöfen, verdutzten Kühen erreich ich Seeg mit seiner sehenswerten Rokoko-Kirche und einem netten Cafe zum Trocknen (hilft aber net ganz), Kaffee und Nußhörnle (hilft). Von hier aus hätte man bei normalen Wetterbedingungen eine Traumsicht auf die Bergkette der Alpen. Hätte… Stattdessen studier ich die unterschiedlichen Grautöne und Formen der allgegenwärtigen Regenwolken.

Regen, Regen, Regen. Akzeptier’s einfach, sagt die eine Stimme. Scheißwetter, bescheuertes, antwortet die andere.

Füssen mit seiner netten Altstadt und der Lechfall wären einen Besuch wert, aber ich krieg’s nur so im Vorbeiradeln mit, weil die Niederschläge wieder auf  „ergiebig“ umgeschaltet wurden.

Alpenüberquerung Dauerregen Lechfall 2013

Kamasutra und ich im Dauerregen hinter Füssen, kurz vor Österreich

Bald erreich ich die Landesgrenze von Österreich und fahr ein kurzes Stück ins Lechtal rein, um dann bei Reutte einen 14%-Anstieg nach Osten hochzuschnaufen. Oben angekommen, pausier ich kurz bei einer idyllisch gelegenen Kapelle, um dann geradeaus die letzten Kilometer zu meinem Tagesziel weiterzurollen, dem Plansee. Als er überraschend auftaucht, bin ich schon etwas perplex: ein spiegelglatter, länglicher Fjord-See, umrahmt von mächtigen Bergflanken aus Fels und Wald. Wow!

Am Campingplatz dort sind zwar noch Zeltplätze frei, aber bei der Pfützenansammlung auf der dazugehörigen Wiese fällt es mir nicht einfach, den am wenigsten nassen Untergrund rauszufinden. Unter einer Fichte hab ich Glück und bau in Windeseile bei Nieselregen das Zelt auf. Schnell hab ich gelernt: erst die Zeltstangen zusammenstecken und danach das Zelt entrollen, nicht davor; die Häringe sind am Schluß dran. Weil’s schon dunkel ist, krabbel ich bald in den behaglichen Schlafsack, der wenigstens schön warm ist. Gute Nacht, erster Tag. Warst ganz schön anstrengend.

Samstag, 10 August: Auf den Isar-Radweg

Die Sonne lacht in allen Variationen, der Plansee leuchtet, die Berge strahlen: es regnet nicht mehr!! Nur wenige Nebelfetzen tanzen im Morgenlicht wie Feen über das spiegelglatte Wasser.

Alpenüberquerung Plansee 2013

Der Plansee im Morgendunst – es regnet nicht mehr!!

Weil bei mir alles feucht ist, von den Klamotten über die Landkarten sogar bis zur Kamera, ernenn ich den Vormittag zur Trocknungsphase und radel deswegen erst gegen Mittag weiter.

Über einen schottrigen, aber schönen Forstweg verlaß ich das Plansee-Hochtal, das mich schließlich steil bergab in die Schlucht des Neuweidbachs führt und wieder über die Landesgrenze zurück nach Deutschland (geht von der Route nicht anders). Der Bach in seinem ungezähmten Kiesbett mündet in die Loisach, die genauso wild und ungezähmt daherfließt, mit Erlen, Lärchen, Hartgras-Uferwiesen und hellen Felsen geschmückt. Sieht aus wie in Kanada, schießt es mir durch den Kopf. Wahnsinn!

Die Loisach wird von einem schönen Radweg begleitet, weiter links leide auch von der vielbefahrenen Bundesstraße. Mächtig setzt sich von rechts die Zugspitze ins Bild. In Garmisch ist erst mal Rummel. Nach soviel Natur bin ich jetzt mit dem Stadt-Gewusel etwas überfordert. Ich halt mich nicht lang auf, kauf etwas Futter ein und schlag mich zum Radweg nach Osten durch, Richtung Isarwinkel.

Na ja, Radweg. Dieser  führt stetig die vielbefahrene Bundesstraße bergauf mit nicht unerheblicher Steigung. Ewig zieht sich da hin, begleitet vom nervigen Lärm der unzähligen vorbeirauschenden Autos.

Nach einer gefühlten Ewigkeit komm ich scghnaufend und veschwitzt oben auf „Paßhöhe“ an, wobei ich gar nicht mal weiß, ob dieser überhaubt einen Namen hat. Obern der Hammer: mit voller Wucht liegen urplötzlich die monströsen Felsberge des Karwendel vor mir. Wow! Was für ein Felsmassiv! Und das in diesem herrlichen Licht des frühen Abends!

Alpenüberquerung mit dem Fahrrad Karwendel 2013

Nach dem langen Anstieg bei Garmisch – der Hammerblick auf den Karwendel

Kurze Pause bei einem süßen Brünnchen in Klais, wo eiskaltes Wasser unergiebig heraussrudelt, frisch und belebend. Aaah, herrrlich! Wie gerne schütt ich da die warme Plörre in meinen Trinkflaschen weg!

Klais am Karwendel, Alpenüberquerung mit dem Fahrrad 2013

„Pferdetränke“ für Zweiräder in Klais am Karwendel, auch für Zweibeiner geeignet

Abendstimmung. Ich bieg ab in den Isar-Radweg. Hinter mir werden Karwendel und Zugspitze nochmal mit aller Kraft von der Sonne angestrahlt, als hätte sie mir noch was gutzumachen als Entschädigung für den ersten Tag.

Die Isar ist genauso ein wildromantischer Fluß mit einem schönen hellen Kiesbett wie die Loisach oder auch der Lech, der zwischen niedrigem Nadelgehölz und Erlen mäandriert und der seinen Lauf nehmen kann, wie es ihm gerade dünkt. Und weil man ihn hier so fließen läßt, entsteht so eine traumhafte Naturlandschaft, die – richtig – wieder mal an Kanada erinnert.

Transalp mit dem Fahrrad Isar 2013

Alaska? Kanada? Nö – es is die Isar.

In Vorderriß, einem der wenigen Weiler hier im Isar-Schutzgebiet, quetsch ich mich bei der hiesigen Gaststätte ins Touristenlager, etwa mit dem Matratzenlager einer Berghütte vergleichbar. Hier hat sich auch eine Gruppe Mädels und ein Pärchen niedergelassen, die die Alpen zu Fuß von München nach Venedig überqueren. Respekt!

Sonntag, 11.August: Auf ins Zillertal

Ein herrlicher Morgen mit Müsli-Frühstück auf einer trockenen Wiese am Ufer der Isar mit dem fröhlich daherplätschernden Fluß zu meinen  Füßen. Mir gefallen seine vielen Farben: glasklar direkt vor mir, grün im Westen und silbern in Richtung Morgensonne. Ich fühl mich sauwohl hier.

Die Sonne brutzelt mittlerweile ganz schön herunter, als ich weiterradle. Mein Tagesziel heute ist das Zillertal.

Der Verkehr hat leider ganz gut zugenommen, als ich den grünblauen Sylvenstein-Stausee erreiche – na ja, es ist ja auch Sonntag, da zieht’s viele Ausflügler hierher. Ich folge dem Schild „Radweg Bavarica-Tyroliensis“, der sich als anstrengende  Wald-Schotterpisten-Bergauf-Bergab-Kurbelei herausstellt. Für Mountainbiker OK, aber recht kräftezehrend für Tourenradler wie mich. Die Alternative wäre aber die vielbefahrene Bundesstraße gewesen…

Auf selbige weich ich frustriert dann kurz mal aus, als ich wieder Österreich  erreiche. Wenigstens ein bisserl mal flach gradaus fahren. Da lockt der Radweg scho wieder mit einer Asphalt- Versuchung – also gut, probier ma’s nochmal. „Nach Achenkirch 4 km“ steht auf seinem Wegweiser, da will ich ja auch hin. Hätt ich aber nicht tun sollen. Der Asphalt hört bald auf, der Weg wird zu einer steil ansteigenden Forst-Schotterpiste, macht eine Mordsschleife und führt in einer Haarnadelkurve ungefähr in die Richtung zurück, aus der ich gekommen bin. Nun, ich komm dan zwar auch in Achenkirch raus, aber auf der Bundesstraße wär’s nur 1 km gewesen…

Die Entschädigung ist der Achensee. Ähnlich wie der Plansee fjordähnlich in die Berglandschaft hineingebettet, nur etwas breiter. Erst mal rein ins Wasser und eine Runde schwimmen – aaaah, herrlich! Tut das gut!  Viele Ausflügler und Urlauber säumen seine Ufer, Kinder plantschen im seichten Wasser, ein Schiffle fährt von oben nach unten, Liebespärchen schwofen auf den vielen Bänkchen, Radler und Inliner gondeln über den gemütlichen Radweg, Kitesurfer  flitzen am Südufer über’s Wasser, und eine alte Dampflok bringt Touristen vom Inntal hier herauf. Eine echte Urlaubsatmosphäre.

oesterreich radtour alpenueberquerung achensee 2013

Radweg am Achensee

Ja, das Inntal. Das darf ich jetzt hinunterflitzen, über die „Jenbach-Sause“. Das Gefälle beträgt 20%, also recht steil. Im Mordskaracho rausch ich die Abfahrt runter, im Adrenalin-Schub voll konzentriert, Hände schön am Lenker halten, an den Kurven rechtzeitig abbremsen und auf die Autofahrer und den Straßenzustand achten, ansonsten laufen lassen. Huiiii!

Ruckzuck bin ich unten im Inntal, folge dem Flußlauf aber nicht lange, sondern bieg auf einer Nebenstraße bald ab nach Süden ins Zillertal rein. Ziel ist der Campingplatz HELL CAMPING in Fügen – der Name mag Ungutes vermuten lassen, aber der Besitzer heißt halt so… Zum Abendessen gibt’s Tütenfutter, mein neuer Kocher wird heut eingeweiht.

 

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