Wildcampen – also das Zelten außerhalb offizieller Campingplätze – steht für Abenteuerlust, Naturverbundenheit und Unabhängigkeit. Doch die rechtlichen Rahmenbedingungen unterscheiden sich innerhalb Europas teils erheblich.
In diesem Artikel wird erläutert, wie die Gesetzeslage in Deutschland aussieht, welche europäischen Länder Wildcampen erlauben und welche Regeln überall zu beachten sind.
Wildcampen in Deutschland – Was ist erlaubt?
In Deutschland ist Wildcampen im klassischen Sinne fast überall verboten. Das betrifft sowohl das Zelten im Wald als auch auf Wiesen, Feldern oder in den Bergen – mit wenigen Ausnahmen. Die gesetzliche Grundlage bildet das Bundesnaturschutzgesetz sowie ergänzende Regelungen der Bundesländer.
Biwakieren als Graubereich
Das sogenannte Biwakieren – also das Übernachten ohne Zelt, etwa im Schlafsack oder unter einer Plane – wird rechtlich anders bewertet. In manchen Bundesländern wie Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern oder Schleswig-Holstein ist es für Wanderer, Radfahrer oder Paddler unter bestimmten Bedingungen für eine Nacht erlaubt, solange kein Zelt aufgebaut wird und man sich außerhalb von Schutzgebieten befindet.
Strikte Ausschlusszonen
In Naturschutzgebieten, Nationalparks und Landschaftsschutzgebieten ist sowohl das Wildcampen als auch das Biwakieren grundsätzlich verboten. Verstöße können Bußgelder zwischen 50 und 5.000 Euro nach sich ziehen – abhängig von Bundesland und Schwere des Verstoßes.
Regeln für Wohnmobile und Vans
Für Wohnmobile gilt: Eine Übernachtung auf öffentlichen Parkplätzen ist meist erlaubt, wenn sie der „Wiederherstellung der Fahrtüchtigkeit“ dient und keine campenden Verhältnisse (z. B. ausgeklappte Markise oder Campingmöbel) erkennbar sind. In Städten und touristischen Regionen wird allerdings immer häufiger auch diese Möglichkeit eingeschränkt.
Wildcampen in Europa – Zwischen Tradition und Verbot
Skandinavien und Schottland – Freies Campen mit Regeln
In Schweden, Norwegen und Finnland ist das sogenannte „Jedermannsrecht“ gesetzlich verankert. Es erlaubt es allen Menschen, sich frei in der Natur zu bewegen und auch zu übernachten – mit klaren Einschränkungen:
- Man darf nicht in Sichtweite von Wohnhäusern zelten.
- Kein Campen in Schutzgebieten oder Nationalparks ohne Genehmigung.
- Maximal zwei Nächte am selben Ort.
- Offene Feuer sind oft nur an ausgewiesenen Stellen erlaubt.
Auch in Schottland erlaubt der „Scottish Outdoor Access Code“ das Wildcampen, solange Rücksicht genommen wird. Besonders in den Highlands ist das Zelten auf öffentlichem Grund weit verbreitet und akzeptiert.
Zentraleuropa – Meist streng reglementiert
In Ländern wie Österreich, der Schweiz, Frankreich oder Italien ist Wildcampen grundsätzlich verboten – mit regionalen Ausnahmen:
- Österreich: Biwakieren ist oberhalb der Baumgrenze mancherorts erlaubt, ansonsten drohen Bußgelder.
- Schweiz: Eine Übernachtung oberhalb der Baumgrenze wird häufig toleriert, in Nationalparks ist es jedoch verboten.
- Frankreich: Wildcampen ist im Großteil des Landes verboten, in wenigen Nationalparks wird Trekking mit Biwakierung auf markierten Plätzen toleriert.
- Italien: Je nach Region unterschiedlich – generell verboten, in abgelegenen Gebieten oft geduldet.
Osteuropa und der Balkan – Oft pragmatisch geregelt
In vielen osteuropäischen Ländern ist das Wildcampen entweder erlaubt oder wird stillschweigend toleriert:
- Polen: Seit 2021 gibt es 425 offiziell ausgewiesene Wildcamping-Wälder, in denen man bis zu zwei Nächte zelten darf.
- Baltikum: In Estland, Lettland und Litauen ist das Campen außerhalb von Schutzgebieten meist erlaubt.
- Ungarn: Auf Staatsland ist Wildcamping für maximal 24 Stunden erlaubt, Schutzgebiete sind ausgenommen.
- Albanien und Bosnien-Herzegowina: Wildcamping ist erlaubt, sollte aber aus Sicherheitsgründen (z. B. alte Minenfelder) gut vorbereitet werden.
Tabellarischer Überblick: Wildcampen in Europa
Land/Region | Rechtslage | Besonderheiten |
---|---|---|
Deutschland | Verboten | Biwakieren teils erlaubt, strenge Schutzgebiete |
Schweden, Norwegen, Finnland | Erlaubt | Jedermannsrecht mit Regeln |
Schottland | Erlaubt | Outdoor Access Code |
Österreich | Verboten | Teils toleriertes Biwakieren im Hochgebirge |
Frankreich | Verboten | Trekkingzonen möglich |
Polen | Teilweise erlaubt | 425 ausgewiesene Wälder |
Estland, Lettland, Litauen | Erlaubt | „Leave no trace“-Prinzip beachten |
Albanien, Bosnien-Herzegowina | Erlaubt | Wenig reguliert, Sicherheitsrisiken beachten |
Tipps für sicheres und respektvolles Wildcampen
- Vorher informieren: Nutze Apps wie Park4Night, iOverlander oder „Zanocuj w lesie“ (Polen), um legale Plätze zu finden.
- Auf Privatgrund immer um Erlaubnis fragen!
- Keine Spuren hinterlassen: Müll mitnehmen, kein Feuer außerhalb erlaubter Stellen.
- Unauffällig bleiben: Kleine Zelte oder Biwaksäcke verwenden, möglichst bei Dämmerung aufbauen und früh wieder verschwinden.
- Rücksicht auf Natur und Tiere: Kein Lärm, keine Lichtverschmutzung, keine Störung von Wildtieren.
Erfahrungsberichte aus der Praxis
Ein deutscher Camper berichtet über Polen:
„In den markierten Wildcamping-Wäldern kann man wirklich entspannt eine Nacht verbringen. Es gibt meist sogar Feuerstellen und klare Regeln. Das ist ein tolles Pilotprojekt!“
Ein Trekking-Fan aus Finnland schreibt:
„Ich liebe das Jedermannsrecht – es ermöglicht mir, einfach mit dem Rucksack loszuziehen und die Natur zu genießen, ohne ständig Angst vor Bußgeldern zu haben.“
Verantwortung und Wissen
Wildcampen ist ein besonderes Erlebnis, das jedoch Verantwortung und Wissen erfordert. In Deutschland ist es nur in Ausnahmefällen erlaubt, europaweit gibt es große Unterschiede. Skandinavien und Schottland sind besonders camperfreundlich, während zentraleuropäische Länder meist restriktiver sind. Wer sich gut vorbereitet, respektvoll handelt und lokale Regeln einhält, kann jedoch auch in vielen Teilen Europas legal und naturnah übernachten.
Der Trend zum naturnahen Reisen nimmt zu – doch nur wer Rücksicht nimmt, sorgt dafür, dass Wildcampen auch künftig möglich bleibt.