Griechenland-Urlaub in den Bergen – Natur, Kultur und Stille abseits des Massentourismus
Zwischen Götterbergen und stillen Pfaden
Griechenland ist in erster Linie für seine Strände, das azurblaue Wasser der Ägäis und die malerischen Kykladeninseln bekannt. Doch wer denkt, das Land habe abseits der Küsten wenig zu bieten, irrt gewaltig. Das griechische Festland und auch Inseln wie Kreta oder Euböa verbergen eine oft übersehene Schatzkammer: die Bergwelt. Gerade in Zeiten, in denen Hitzewellen, überfüllte Hotspots und steigende Preise vielen Urlaubern zu schaffen machen, bieten die Berge Griechenlands eine willkommene Alternative – klimatisch, kulturell und finanziell.
„Hier spüre ich die Seele Griechenlands“, sagt Efi Kalogeropoulou, eine Biologin, die auf der Insel Euböa Gäste durch die Wildnis führt. „Die Berge erzählen Geschichten, die das Meer verschweigt.“ Der Trend geht zunehmend in diese Richtung: Raus aus dem Trubel der Strandbars, hinein in eine stille Welt voller Natur, Geschichte und echter Begegnungen.
Warum Urlaub in den Bergen Griechenlands?
Der klassische Badeurlaub in Griechenland hat Konkurrenz bekommen – und das zurecht. Vor allem in den Sommermonaten, wenn an der Küste Temperaturen jenseits der 35 Grad zur Belastung werden, ist das Inland eine willkommene Alternative. „Die Bergregionen bieten auch im Hochsommer angenehme Temperaturen um die 20 bis 25 Grad. Und nachts kann man endlich wieder durchschlafen“, erklärt der Reisejournalist Nicolas Kaufmann im Reisereporter.
Abseits des Trubels bietet das Inland auch finanzielle Vorteile. Viele Regionen haben sich dem sanften Tourismus verschrieben: kleine Pensionen statt Hotelburgen, regionales Essen statt All-inclusive-Buffets. Nachhaltigkeit spielt dabei eine große Rolle – viele Orte sind Mitglied in europäischen Schutzprogrammen, etwa als UNESCO-Geoparks.
Die schönsten Regionen für den Bergurlaub in Griechenland
Der Olymp – Wandern auf dem Berg der Götter
Mit 2.918 Metern ist der Olymp nicht nur das höchste Gebirge Griechenlands, sondern auch tief mit Mythologie verbunden. Hier sollen Zeus und die anderen Götter residiert haben. Die Region um Litochoro ist heute ein beliebtes Ziel für Wanderer – aber keineswegs überlaufen. Gipfeltouren zum Mytikas, dem höchsten Punkt, dauern zwei bis drei Tage und führen durch alpine Landschaften mit atemberaubenden Aussichten.
„Ich war überrascht, wie einsam es hier sein kann“, berichtet Wanderin Anna Petrou, die den Aufstieg mit einer Übernachtung in der Berghütte ‚Spilios Agapitos‘ wagte. „Der Sonnenaufgang über dem Ägäischen Meer – das war Gänsehaut.“ Viele Wanderer nutzen lokale Guides, die neben Sicherheit auch tiefere Einblicke in Flora und Fauna geben. Steinböcke, Adler und alpine Pflanzen sind keine Seltenheit.
Pindos-Gebirge und Vikos-Aoos-Geopark – Wandern durch Schluchten und Zeit
Im Nordwesten Griechenlands liegt eine der wildesten Regionen Europas: der Vikos-Aoos-Geopark. Der Smolikas, der zweithöchste Berg Griechenlands, erhebt sich majestätisch über uralte Wälder. Das eigentliche Highlight ist jedoch die Vikos-Schlucht – laut Guinness-Buch die tiefste Schlucht der Welt im Verhältnis zu ihrer Breite.
„Es ist, als würde man durch einen vergessenen Kontinent wandern“, schwärmt der deutsche Geologe Markus Rennert. Die Region eignet sich ideal für mehrtägige Trekkingtouren. In den Dörfern Zagoriás wird man mit Gastfreundschaft empfangen, isst hausgemachte ‚Pita‘ (gefüllte Teigtaschen) und schläft in traditionellen Steinhäusern. Wer will, kann die Aoos-Schlucht auch per Kajak erleben.
Meteora – Schweben zwischen Himmel und Erde
Die Sandsteinfelsen von Meteora in Thessalien gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe. Auf den Felsnadeln thronen byzantinische Klöster – ein atemberaubendes Zeugnis der Orthodoxie. Die Region ist zwar bekannter als andere Bergziele, doch wer frühmorgens oder abseits der Hauptsaison kommt, findet stille Momente zwischen Felsen und Gebeten.
„Ich wollte einfach mal durchatmen“, erzählt der Italiener Marco di Stefano, der die Klöster mit dem Mountainbike umrundete. Kletterer kommen hier ebenso auf ihre Kosten wie Kulturinteressierte. Auch spirituelle Angebote wie mehrtägige Meditationswanderungen nehmen zu.
Menalon-Trail – Arkadien für Wanderfreunde
Der Peloponnes gilt als Wiege des europäischen Wandertourismus. Der Menalon-Trail, ein 75 Kilometer langer Fernwanderweg durch Arkadien, führt durch Pinienwälder, Schluchten und Bergdörfer. Von Stemnitsa bis Lagkadia durchquert man uralte Klöster, Flusstäler und Pfade, die einst von Hirten genutzt wurden.
Die gesamte Strecke ist gut markiert und bietet für jede Etappe Übernachtungsmöglichkeiten. Die Betreiber setzen auf sanften Tourismus und lokale Wertschöpfung: Wanderer schlafen in Familienpensionen und essen in Dorftavernen. „Ich habe auf dieser Route das wahre Griechenland kennengelernt“, sagt Wanderer Lutz Meier, der 2023 den Trail mit seiner Tochter lief.
Kreta – Wandern zwischen Meerblick und Mythen
Kreta hat weit mehr zu bieten als Strandurlaub. Im Landesinneren ragen Hochgebirge wie Lefka Ori oder Dikti empor, durchzogen von spektakulären Schluchten. Während die Samaria-Schlucht oft überlaufen ist, gelten Aradena, Agia Irini oder Imbros als Geheimtipps.
„Wer früh losgeht, kann den ganzen Tag in völliger Ruhe verbringen“, erklärt Giorgos Manousakis, ein Bergführer aus Chania. Wer Glück hat, begegnet kretischen Wildziegen (Kri-Kri) oder entdeckt in Höhlen archäologische Überreste. Die Psychro-Höhle auf dem Lassithi-Plateau gilt als Geburtsort von Zeus – eine Mischung aus Mythologie und Natur.
Euböa – Stille Insel ohne Flughafen
Die zweitgrößte Insel Griechenlands ist vom Massentourismus fast unberührt geblieben. Keine großen Hotels, kein Flughafen – dafür endlose Berglandschaften, aromatische Kräuterfelder und Aussicht auf die Ägäis. Efi Kalogeropoulou bietet hier geführte Wanderungen durch Wälder, in denen Wölfe und Wildkatzen leben.
„Meine Gäste lernen nicht nur die Natur kennen, sondern auch traditionelle Heilkräuter, Mythen und Geschichten der Einheimischen“, erklärt sie. Wer mit ihr unterwegs ist, erfährt auch viel über die Zerstörung durch Waldbrände und die Bemühungen zum Wiederaufbau.
Weitere Geheimtipps im Gebirge
- Dasos Fraktou (Thrakien): Unzugänglicher Urwald, Heimat für Braunbären, Wildkatzen und Luchse. Nur mit Genehmigung zu betreten – ideal für Naturforscher.
- Chelmos-Vouraikos Geopark: UNESCO-geschützt, beherbergt den Mega Spileo, eines der ältesten Klöster Griechenlands, und bietet Wander- und Umweltprogramme.
- Dadia-Nationalpark: Berühmt für seine Greifvögel, darunter der seltene Mönchsgeier. Lokale Imker zeigen Touristen die Bedeutung traditioneller Honigproduktion.
Praktische Tipps zur Planung
Wer in die Berge will, sollte vorbereitet sein. Wanderschuhe, Sonnen- und Insektenschutz sowie GPS oder Kartenmaterial gehören zur Grundausstattung. Viele Regionen sind nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar – ein Mietwagen ist sinnvoll.
Beste Reisezeit:
- Frühjahr (April–Juni): grüne Landschaften, blühende Kräuter
- Herbst (September–Oktober): milde Temperaturen, klare Sicht
- Sommer (Juli–August): nur in höheren Lagen oder mit frühem Aufbruch
- Winter: nur für erfahrene Bergsteiger, alpine Ausrüstung notwendig
Sanfter Tourismus & lokale Wirtschaft
Die Bergregionen Griechenlands setzen zunehmend auf nachhaltige Konzepte. Das Netzwerk der UNESCO-Geoparks sorgt für geschützte Naturzonen mit Bildungsauftrag. Viele Dörfer bauen auf Agrotourismus – also die Verbindung von Landwirtschaft und Tourismus.
„Wir betreiben unsere Pension als Familienbetrieb – ohne Fernseher, aber mit selbstgebackenem Brot“, erzählt Eleni Voulgaris aus Lagkadia am Menalon-Trail. Solche Konzepte bieten authentische Einblicke, erhalten lokale Strukturen und vermeiden Tourismus-Monokulturen.
Urlaub mit Tiefe
Ein Griechenland-Urlaub in den Bergen ist mehr als ein Ausweichen vor Hitze oder Trubel – es ist eine bewusste Reise zu Landschaften, Mythen und Menschen, die abseits der ausgetretenen Pfade leben. Der Olymp mit seinen göttlichen Höhen, die unberührten Wälder des Pindos, die stille Größe von Meteora oder das rustikale Euböa – all das steht für ein Griechenland, das noch nicht im Reisekatalog steht.
Wer entschleunigen, staunen und sich körperlich fordern will, wird in diesen Regionen nicht nur Ruhe, sondern auch Inspiration finden. Und vielleicht sogar ein Stück ursprüngliches Griechenland, das längst verloren schien.