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Die Erbseninseln in Dänemark – Mittelmeerflair in der Ostsee

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Wer an die Ostsee denkt, stellt sich oft weite Strände, Dünen und kühle Brisen vor. Doch rund 18 Kilometer nordöstlich von Bornholm entfaltet sich eine ganz andere Welt: die Erbseninseln, auf Dänisch „Ertholmene“.

Der Name erinnert an etwas Winziges – und tatsächlich wirken die beiden bewohnten Inseln Christiansø und Frederiksø mit ihrer kargen Vegetation, den gelben Festungsgebäuden und dem tiefblauen Wasser wie aus der Zeit gefallen. Reisereporter nennen sie gar ein „Urlaubsparadies mit Mittelmeer-Flair“, und wer einmal auf diesen Felsinseln stand, versteht schnell warum.

Geografie und Klima

Die Erbseninseln sind der östlichste Punkt Dänemarks. Das kleine Archipel besteht aus den beiden bewohnten Inseln Christiansø und Frederiksø, der unbewohnten Vogelinsel Græsholmen sowie einer Handvoll Schären. Insgesamt misst das Areal kaum mehr als 0,36 Quadratkilometer. Trotz ihrer geringen Größe sind die Erbseninseln ein unverwechselbares Natur- und Kulturerlebnis – eingebettet in die kühle, aber klare Ostsee.

Besonders im Sommer zeigt sich hier ein überraschend mildes, fast mediterran anmutendes Klima. Das liegt nicht nur am Licht, sondern auch an der offenen Felslandschaft und den sonnengewärmten Granitböden. In den kleinen Buchten glitzert das Wasser türkisfarben, Algen schimmern in allen Grüntönen. Die Landschaft wirkt wie eine Miniaturversion griechischer Inseln – nur eben nördlich von Polen.

Geschichte und kulturelle Bedeutung

Die Geschichte der Erbseninseln ist eng mit der militärischen Vergangenheit Dänemarks verbunden. Im Jahr 1684 ließ König Christian V. hier eine Festung errichten, die Dänemark vor schwedischen Angriffen aus dem Osten schützen sollte. „Die Lage war strategisch ideal, um die Ostsee zu kontrollieren“, erklärt der Historiker Jesper Thomsen von der Universität Kopenhagen. Die Insel Christiansø wurde zum militärischen Hauptstützpunkt mit Wachgebäuden, Kasernen und einer mächtigen Granitbastion. Frederiksø, die Nachbarinsel, übernahm unter anderem Gefängnisfunktionen.

Mehr als 150 Jahre lang blieb die Festung aktiv. Spuren dieser Zeit sind noch heute sichtbar: die „Store Tårn“ (Großer Turm), der „Lille Tårn“ (Kleiner Turm), die Kasernengebäude mit gelb gekalkten Wänden – all das ist sorgfältig erhalten oder liebevoll restauriert.

Nach 1863 wurde die Festung offiziell aufgegeben, aber die militärische Verwaltung blieb bestehen – bis heute sind die Inseln dem dänischen Verteidigungsministerium unterstellt. Viele Gebäude wurden für zivile Zwecke umgewandelt, und so entstand nach und nach eine kleine, eigenwillige Gemeinde.

Zu den berühmtesten „Gästen“ der Erbseninseln zählt der dänische Arzt und Schriftsteller Dr. Jacob Jacobsen Dampe, der hier im 19. Jahrhundert wegen staatskritischer Äußerungen interniert wurde. Auch Künstler wie Edvard Weie oder Karl Isakson ließen sich von der einzigartigen Lichtstimmung und Einsamkeit inspirieren.

Tierwelt und Natur

Die Natur der Erbseninseln steht unter strengem Schutz. Auf Græsholmen, der unbewohnten dritten Hauptinsel, nisten tausende Seevögel. Im Frühjahr und Sommer verwandelt sich das Eiland in ein Vogelparadies mit Lummen, Eiderenten, Silbermöwen und – mit etwas Glück – auch Papageientauchern.

„Man hört manchmal gar nichts außer das Kreischen der Möwen und das Rauschen des Meeres“, sagt die Ornithologin Mette Poulsen, die regelmäßig auf der Insel Vogelzählungen durchführt. Besonders beeindruckend ist der Blick auf die sogenannten Lummenfelsen – steile Klippen, an denen sich Seevögel dicht an dicht drängen.

Säugetiere sind selten: Neben Mäusen wurden auch Igel eingeführt, die sich jedoch kaum vermehren. Flora und Fauna sind durch die isolierte Lage äußerst empfindlich. Deshalb sind Haustiere wie Hunde und Katzen auf den Erbseninseln konsequent verboten – ein wichtiger Beitrag zum ökologischen Gleichgewicht.

Tourismus und Freizeitaktivitäten

Trotz ihrer Abgeschiedenheit ziehen die Erbseninseln jährlich über 40.000 Besucher an – vor allem Tagesausflügler von Bornholm. Die Überfahrt dauert etwa eine Stunde mit der Fähre von Gudhjem. Auf Christiansø angekommen, eröffnen sich in wenigen Schritten viele Möglichkeiten für Entdeckungen.

Ein Rundweg über beide Hauptinseln ist in etwa einer Stunde zu bewältigen. Die Wege sind gepflastert oder naturbelassen, führen an alten Bastionen vorbei, durch niedrige Fischerhäuser mit bunten Türen und hinauf zum Leuchtturm mit Aussicht auf die Ostsee.

Beliebt ist auch das Natur-Felsenschwimmbad an der Südseite Christiansøs, wo ein geschützter Meeresarm zwischen Felsen zum Schwimmen einlädt. Das Wasser ist glasklar, die Wassertemperaturen im Sommer oft angenehmer als gedacht.

Im Inselmuseum erfahren Besucher mehr über die Geschichte der Festung und das Leben der Menschen auf der Insel. Besonders eindrucksvoll: die ehemaligen Gefängniszellen, in denen auch politische Gefangene einsaßen. „Der Raum ist kaum zwei Meter breit – ein bedrückendes Zeugnis der Vergangenheit“, sagt Museumsleiterin Helle Kjeldsen.

Wer länger bleiben möchte, kann in einem der Gästehäuser übernachten. Es gibt einfache Pensionen, eine Jugendherberge, einen kleinen Zeltplatz – aber nur begrenzte Kapazitäten. Frühzeitige Buchung ist daher ratsam. Die Insel bietet zudem ein Restaurant mit traditioneller Küche, eine kleine Galerie, einen Lebensmittelladen und ein Café.

Besonderheiten der Infrastruktur

Christiansø und Frederiksø sind autofrei. Der Warentransport erfolgt mit Handwagen oder Elektrokarren. Auch Fahrräder sieht man kaum – zu klein sind die Wege, zu beschaulich das Tempo.

Wasser wird über Regenwasserspeicher und eine moderne Entsalzungsanlage gewonnen. Elektrizität stammt bislang von Dieselgeneratoren, doch die Einführung nachhaltiger Lösungen wie Windkraftanlagen ist geplant.

Die kleine Dorfgemeinschaft umfasst rund 90 Einwohner, darunter ein Lehrer, ein Polizist, ein Arzt auf Abruf und sogar ein eigener Inselrat, der lokale Anliegen verwaltet. Eine Besonderheit: Es wird keine kommunale Steuer erhoben – ein historisches Überbleibsel aus der militärischen Verwaltungsstruktur.

Tipps für Reisende

Die beste Reisezeit liegt zwischen Mai und September. Dann ist das Klima mild, die Fähren verkehren täglich, und die Natur zeigt sich von ihrer farbenfrohesten Seite. Auch der Sternenhimmel über den Erbseninseln ist spektakulär – ohne Lichtverschmutzung wirkt er klar und tief.

Wer mit Kindern reist, sollte die geringe Größe der Inseln berücksichtigen: Es gibt keine Spielplätze oder Freizeitparks. Dafür aber eine einzigartige Landschaft, geschichtsträchtige Orte und stille Plätze zum Entschleunigen. Wanderstöcke und gutes Schuhwerk sind zu empfehlen, ebenso ein Fernglas für Vogelliebhaber.

Wichtig ist der respektvolle Umgang mit der Natur. Müll muss wieder mitgenommen werden, und das Betreten geschützter Flächen ist verboten. Auch die Regeln zum Hundeverbot sollten unbedingt beachtet werden – sie dienen nicht der Schikane, sondern dem ökologischen Gleichgewicht.

Die Erbseninseln als Bornholm-Ergänzung

Viele Reisende besuchen die Erbseninseln im Rahmen eines Urlaubs auf Bornholm. Von dort aus sind sie leicht erreichbar und bieten eine wunderbare Ergänzung: Während Bornholm mit langen Sandstränden und gemütlichen Fischerdörfern aufwartet, sind Christiansø und Frederiksø ein Ausflug in eine vergangene Welt – festungsartig, steinig, windumtost und doch überraschend sonnig.

„Wir sind extra von Allinge hergekommen, um das historische Flair zu erleben“, sagt ein dänisches Ehepaar, das seinen Hochzeitstag auf der Insel verbringt. „Und es war jeden Meter der Überfahrt wert.“

Ein Ort der Gegensätze

Die Erbseninseln sind ein Ort der Gegensätze – rau und mild zugleich, streng bewacht und zugleich offen für Besucher. Sie verbinden Geschichte mit Natur, Einsamkeit mit Gastfreundschaft. Wer sie besucht, begibt sich auf eine Reise in ein Stück Dänemark, das vielen unbekannt ist – und vielleicht gerade deshalb so besonders wirkt.

Hier, wo Granitfelsen aus dem Meer ragen und Seevögel den Ton angeben, ist Dänemark noch ganz bei sich. Ein Ort für stille Entdecker, für Geschichtsinteressierte, für Romantiker und Ruhesuchende. Oder, wie es ein Besucher ins Gästebuch schrieb: „Eine Insel, so klein wie ein Traum – und ebenso schwer zu vergessen.“

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