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Norwegen: Aussichtspunkt Stegastein bei Aurland

Norwegen: Abfahrt zur Hytte

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Ich werde um 6:15 Uhr wach, ich habe abgesehen von ein paar Wadenkrämpfen gut geschlafen. Ich bleibe noch ein wenig im Bett, genieße die Ruhe, schreibe ein paar Gedanken auf und mache die gestern gekauften Postkarten fertig.

Nachdem Iris diese bei der Post abgegeben hat, machen wir uns um 10:20 Uhr auf den Weg zur Hytte. Hytte ist norwegisch und heißt: Hütte. Wobei man in Norwegen eine etwas andere Vorstellung von einer Hütte hat. Mit Hytte meinen sie einfach einen zweiten Wohnsitz, der oft sogar größer und komfortabler ist, als das eigentliche Zuhause. Unsere Hütte gehört Karstens Eltern und liegt in der Nähe des OtrØvatn (See). Normalerweise braucht man ca. 4 Stunden, um dorthin zu gelangen, aber Iris hat sich einen Plan ausgedacht und will mir heute schon einiges von Norwegen zeigen. Wir werden also fast den ganzen Tag unterwegs sein.

Zwei Stunden, viele viele Kurven und ca. 40 Tunnels später machen wir auf dem Bordalsgjelet-Parkplatz bei Voss eine Mittagspause. Voss liegt etwa 100 km von Bergen und 415 km von Oslo entfernt.

Norwegen Stalheimkleiva

Norwegen: Stalheimkleiva

Der Parkplatz ist Ausgangspunkt zu einer Klamm. Wir gehen den kurzen Pfad bis zum Ende und schauen uns die Arbeit des Wassers am Felsen an.

Die Entstehung der Felsenschlucht Bordal

Der Gesteinsboden der Bordalfelsenschlucht besteht aus Tonschiefer, einer weichen Gesteinsart. Weiter oben an den Hängen kommen harte Gesteinsarten wie Quarzit und Granit vor. Während der letzten Eiszeit vor ca. 115000 – 10000 Jahren wurde die Schlucht durch den Fluss, der unter dem Gletscher Schmelzwasser und Sedimente mit sich führte, geformt. An mehreren Orten entstanden große und deutliche Gletschertöpfe – kreisrunde Vertiefungen im Fels, die von im Strudel kreisenden Geröllstücken ausgehöhlt wurden. Gegen Ende der letzten Eiszeit lagerten sich ausgedehnte Kiesmassen unter dem Gletscher ab. Die Kiesgrube bildet einen Teil dieser Massen. Die Klamm Bordal ist ca. 5 km lang. Im Fluss gibt es Forellen und mit etwas Glück kann man Nerze beim Fischfang beobachten. Norwegens Nationalvogel, die Wasseramsel brütet jedes Jahr in der Schlucht.
(Quelle: Infotafel am Parkplatz)

Nachdem wir die Klamm betrachtet und einen kleinen Imbiss zu uns genommen haben, fahren wir weiter. Der Weg führt uns am Tvindefossen, einem Wasserfall bei dem das Wasser in Stufen hinab fällt, vorbei. Dann folgt Iris nicht der Hauptverkehrsstraße und fährt durch zwei Tunnel, die kurvig und steil sind, sondern steuert hinauf in die Berge.

Strasse zwischen Aurland und Laerdal

Strasse zwischen Aurland und Laerdal

Gleich neben dem Stalheimhotel halten wir kurz an, um die Aussicht zu genießen und die Infotafel zu lesen.

West Norwegische Fjorde

Fjorde gehören zu den aufregendsten und spektakulärsten Landschaften auf der Erde. Das Weltkulturerbe, die westnorwegischen Fjorde umfassen einige der längsten, tiefsten, engsten und schönsten Fjorde in der Welt. Ihre Kulisse und das kulturelle Erbe haben jahrelang die Besucher verzaubert. Viele Menschen erachten die Fjorde als das Symbol Norwegens, der weltweit führenden Nation bzgl. der Fjorde. Es ist kein Zufall, dass das norwegische Wort „fjord“ in das internationale Vokabular Einzug gefunden hat.
Wissenschaftler haben diese Gebiete als klassische Beispiele von Fjordlandschaften angesehen. Große Unterschiede in der Höhe und kurze Entfernungen zwischen Meereshöhe und Berggipfeln schaffen eine große Vielfalt von Kulissen und Naturgeschichte.
Beide Teilbereiche haben keine bedeutende menschengemachte Infrastruktur. Natürliche geologische Prozesse, verbunden mit der Bildung und Veränderung der Fjorde sind durch die Werke der Menschen nicht beeinträchtigt worden. Zusammen haben diese Gebiete Eigenschaften, die, nach Erfüllung zweier Kriterien der Konvention, einen Eintrag in der UNESCO- Liste des Weltkultur- und Naturerbes folgen ließen. Die Westnorwegischen Fjorde sind klassische, herrlich ausgebildete Fjorde, die weltweit als typisch für Fjordlandschaften erachtet werden. Den Gebieten wird bescheinigt, dass sie zu den landschaftlich außerordentlichen Fjorden in der Welt gehören. Reste von alten und nun meist verlassenen Bauernhöfen und Relikte der Wanderhirten fügen einen kulturellen Aspekt zu der tief ergreifenden Landschaft wodurch das menschliche Interesse ergänzt und verstärkt wird. Norwegen hat sich dem Schutz, der Erhaltung, der Bekanntmachung und der Weitergabe dieses Erbes an künftige Generationen gewidmet.

Das Nærøyfjordgebiet

Das Nærøyfjordgebiet hat eine große Vielfalt an Landschaften, angefangen von nackten Gipfeln rund um den Fresvikgletscher, bis hin zu geschützten Buchten mit breitblättrigen Laubwäldern am Fjord. Umgeben von Bergen, die bis 1760 m über NN sind, ist der Nærøyfjord 17 km lang und nur 250 m an seiner schmalsten Stelle breit. Hängende Täler, Wasserfälle, enge Schluchten und Geröllhalden sind beeindruckende Merkmale an den steilen Berghängen. Die Berggipfel sind nicht zackig, denn sie sind Reste der alten Ebenen, bevor Flüsse und Eis damit begannen, die tiefen Täler auszugraben. Die großartigen Schutthalden, die vom Bleia, einem Berg am Ende des Sognefjordes zeigen, dass sich die Fjordlandschaft weiter entwickelt. Hier wächst eine seltene Unterart des arktischen Mohns. Einige kleine Siedlungen nutzen die Standorte, die vor Lawinen sicher sind. Landwirtschaft ist die wichtigste Tätigkeit.
Quelle: Infotafel am Stalheimhotel

Dann müssen wir bergab fahren, es geht sehr steil bergab. Ein Schild weist darauf hin, dass das Gefälle 18% beträgt und man einen kleinen Gang benutzen soll. Diese Bergstraße hat sogar einen Namen: Stalheimskleiva. Seit ca. einem Jahr ist die Straße wegen der vielen Unfälle, als Einbahnstraße ausgewiesen worden. Ich denke, das ist auch besser so, da die Straße meist nur eineinhalb-spurig ist. Wenn ich mir vorstelle, dass uns jetzt ein Wohnmobil entgegenkäme, würde ich mich nicht besonders wohl fühlen. Die Straße ist wie gesagt sehr steil und hat einige sehr enge Serpentinen. Die Aussicht ist aber sehr schön und man kann zwei große Wasserfälle bewundern. Leider kann Iris aber nicht anhalten, da dies auf dieser Straße viel zu gefährlich ist. Deshalb mache ich aus dem langsam fahrenden Auto ein paar Fotos.

Als wir in der Nähe von Aurland sind, machen wir bevor wir die Aurlandstraße, die von Aurland nach Lærdal führt, bei Sognaporten eine kurze Pause. Aurland liegt an einem Seitenarm des Sognefjords, also auf Meereshöhe. Nun geht es steil bergan. Unser nächstes Ziel ist die vor kurzem eröffnete Aussichtsplattform in 655 m Höhe. Von dort aus hat man einen sehr schönen Blick auf Aurland und den Sognefjord.

Norwegen: Aussichtspunkt Stegastein bei Aurland

Norwegen: Aussichtspunkt Stegastein bei Aurland 

Stegastein

Der Stegastein ist ist ein spektakulärer Aussichtspunkt in Norwegen, 6 Kilometer vom Zentrum von Aurland am Snøveg gelegen.
Von einem Parkplatz führt eine aus Lärchenholz gebaute Aussichtsrampe über die Baumwipfel und erlaubt einen atemberaubenden Ausblick und Tiefblick auf den darunterliegenden Aurlandsfjord. Die Rampe ist 4 Meter breit und 30 Meter lang und befindet sich ca.640 Metern über dem Meer. Das Ende der Plattform wird durch eine Glasscheibe abgeschlossen, die den Eindruck direkt über dem Aurlandsfjord zu stehen noch verstärkt.
Die Zufahrt ist ganzjährig möglich, da die Wintersperre des Snøveg erst oberhalb des Stegastein erfolgt.
Die Eröffnung erfolgte im Juni 2006.
Quelle:Wikipedia

Nun geht es weiter bergan. Bald befinden wir uns auf einem Hochplateau in 800 m Höhe. Es geht aber noch weiter hoch. Wir lassen die Baumgrenze, die hier bei 960 m Höhe liegt, hinter uns. Große Bäume (Fichten) wachsen nur bis 900 m Höhe. Die Landschaft ist hier oben sehr karg, es gibt nur Flechten und Moose und einige sehr niedrige Sträucher. Überall liegen Gesteinsbrocken. Zwischen den Bergkuppen sind einige Seen eingebettet.

Iris informiert mich darüber, dass es auf den Hochplateaus im Winter oft starke Schneestürme gäbe und das Autofahren dann sehr gefährlich wäre. Touristen würden diese Gefahr oft unterschätzen und blieben dann stecken. Der Aurlandsveg wäre im Herbst, Winter und im Frühjahr ohnehin gesperrt. Stattdessen könne man den Lærdalstunnel benutzen. Die Behörden versuchen einige Gebirgsübergänge das ganze Jahr über offen zu halten, z.B.: Filefjell, Hemsedal und Hardangervidden, die gebraucht werden, um vom Westen in den Osten und umgekehrt fahren zu können. Diese Straßen kann man manchmal nur im Konvoi benutzen. Dann fährt ein Pilotfahrzeug vor und die Autos müssen dem hinterherfahren. Den Schluss des Konvois bildet ein weiteres Pilotfahrzeug. Dieses hilft liegen gebliebenen Autos heraus. Wie schon gesagt: Autofahren in Norwegen hat andere Regeln als bei uns in Deutschland. In Norwegen wird permanent mit Licht gefahren. Es wird empfohlen, bei einer Tunneldurchfahrt durch einen unbeleuchteten Tunnel, die es in Norwegen recht häufig gibt, ein paar Mal das Fernlicht aufleuchten zu lassen. Karsten sagte mir später, dass er dieses schon in der Fahrschule gelernt habe.

Berglandschaft zwischen Aurland und Laerdal

Berglandschaft zwischen Aurland und Laerdal

Wir befinden uns also in dieser rauen Landschaft und um diesen für mich völlig neuen Landschaftstyp mal richtig unter die Lupe nehmen zu können, parkt Iris ihr Auto am Straßenrand. Bevor wir aussteigen, ziehen wir uns zunächst einmal eine warme Jacke an. Der Wind hier oben ist ziemlich kalt. Gleich sehe ich auch einige Steinmännchen, die als Wegmarkierung dienen. Diese haben mir in Kanada schon gut gefallen. Dort werden sie Inukshuks, was „You are on the right path“ (Du bist auf dem richtigen Weg.) bedeutet, genannt.

Steinmännchen in Norwegen

Steinmännchen sind aufeinander gestapelte Steine in Form kleiner Hügel oder Türmchen als Wegzeichen. Diese Wegmarkierung soll, insbesondere in unwegsamem und unübersichtlichem Gelände – wie Gebirge, Hochgebirge, Steppe und Wüsten – die Orientierung erleichtern. Steinmännchen sind oder waren in allen besiedelten Gebieten der Erde verbreitet.
Einer norwegischen Überlieferung zufolge sollte der Wanderer auf jeden Steinmann einen Stein legen, um unbehelligt von Trollen zu bleiben. Auch heute sind Wanderer angehalten, zumindest bei teilweise abgetragenen oder beschädigten Steinmännern (nicht nur jene auf den Gipfeln der Berge) mit einem oder mehreren Steinen zur Erhaltung der Wegzeichen beizutragen. In Schweden dienen Steinmännchen unter der Bezeichnung Reichsrösen (riksrösen) auch als Grenzmarkierung.
Quelle: Wikipedia

Nachdem wir die Passhöhe in 1310 m Höhe überwunden haben, geht es wieder herunter auf Meereshöhe und erreichen Lærdal, das auch am Sognefjord liegt. Wir verlassen wieder die Hauptverkehrsstraße und fahren die alte Route. Vom Auto aus entdecken wir einen alten Fußweg, der uns aber etwas suspekt erscheint. Kurze Zeit später sind wir in Borgund. Dort schauen wir uns eine der bekannten Stabkirchen an. Da wir mittlerweile etwas müde sind, holen wir uns keine Eintrittskarte, um die Kirche von innen anzuschauen, sondern werfen nur einen Blick von außen darauf.

Um 17:30 Uhr erreichen wir dann endlich Filefjell, das bei dem Ort Tyinkrysset und dem Otrøvatn (See) liegt. Mittlerweile hat es angefangen zu regnen. Der Wetterbericht hatte für die ganze Woche Regen angesagt. Hoffentlich irrt er sich.

Wir beginnen damit, uns in der Hütte einzurichten. Iris reicht mir Bettzeug, damit ich mein Bett beziehen kann. Nun, ich habe schon oft Betten bezogen, eigentlich kann ich so etwas. Aber in Norwegen ist vieles anders. Als ich versuche, die Öffnung für die Decke aufzuknöpfen, finde ich keine Knöpfe. Na gut, falsche Seite. Deshalb drehe ich den Bezug um und suche dort nach den Knöpfen oder nach einem Schlitz für die Decke. Fehlanzeige – dort ist auch nichts. Habe ich die Öffnung auf der anderen Seite übersehen? Ich kann weder einen Schlitz noch Knöpfe entdecken. Seltsam, es muss doch irgendwo ein Schlitz für die Decke sein. Nun untersuche ich die Seiten und werde fündig. Dort gibt es eine schmale Lücke in der Naht, in die ich die Decke hineinwürgen kann. Deutsche Bettwäsche ist mir lieber. Später erzählt mir Iris, dass sie sich anfangs auch gewundert habe und man müsse eine spezielle Falttechnik anwenden, um die Decke leicht durch den Schlitz zu bekommen.
Nach einem guten Abendessen, es gibt Nudeln mit Käsesoße, und einer guten Unterhaltung falle ich dann todmüde ins Bett.

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